Wenn Frauen nicht gehört werden – dem Stummschalten eine Stimme geben!
Situationen zu erleben oder Erfahrungen zu machen, diese zu deuten und uns mit anderen darüber auszutauschen, ist eine sehr alltägliche Praxis. Wenn es jedoch um die Deutung von Missbrauch, Ausgrenzung oder Gewalt und das Sprechen darüber geht, stehen betroffenen Frauen diese Praktiken häufig nicht zur Verfügung. Das machen ihre Berichte sehr deutlich.
Epistemische Ungerechtigkeiten entstehen, wenn Personen daran gehindert werden, ihren Wahrnehmungen zu trauen oder sich selbstständig Wissen zu bilden. Zum Beispiel, wenn sie aufgrund ihres Geschlechts oder ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe von Praktiken des Austausches ausgeschlossen werden oder ihnen kein Vokabular für ihre Erfahrungen zur Verfügung steht. Dann heißt es oft: Stellt Dich nicht so an! Gerade wenn der Austausch oder das passende Vokabular fehlen, dann fühlt sich solch ein Rat richtig falsch an.
Wenn einer Person, die Gewalt erfahren musste, nicht geglaubt oder sie nicht gehört wird; ja, wenn der Missbrauch, die Gewalt noch nicht einmal sprachlich fassbar ist, wie etwa Übergriffe in der Katholischen Kirche, auch Rassismuserfahrungen im Gesundheitssystem oder auf Amtsstuben, dann handelt es sich um eine Ungerechtigkeit, die nicht einfach nur moralisch verwerflich ist, sondern die darüber hinaus in der bestehenden Wissens- und Gesellschaftsordnung verankert ist.
Silenceing, also Stummschalten, oder ein Sinnesraub, „Das ist übertrieben!“, das war keine Diskriminierung, „es hat nicht wehgetan“, gehört nicht zu einer, wie der Israelische Philosoph Avishai Margalit sagen würde, „anständigen und gerechten Gesellschaft“!“